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© Cash;
07.10.2004[0];
Nummer 41; Seite 40
bilanzskandal
Bei dieser Firma sind alle Pferde
durchgegangen
Multimilliardär Walter Haefner und der Fall
Computer Associates.
Mit Prozessen und
Schadenersatzforderungen geht die US-Justiz gegen fehlbare Manager vor.
Neustes Beispiel: Die Softwarefirma Computer Associates mit dem
Grossaktionär Walter
Haefner[100].
Trotzdem hält der Milliardär weiter still.
rico carisch (new york)
Mittlerweile ist er 94
Jahre alt, er gibt weiterhin keine Interviews, selbst dann, wenn ihm die
Einschätzung über seinen Reichtum in der nächsten «Bilanz» missfallen sollte:
Walter
Haefner[100],
Autoimporteur (Amag) und fanatischer Pferdezüchter, gilt weltweit als
Gentleman. Sein Vermögen liegt bei neun Milliarden Franken und beruht im
Wesentlichen auf seinen Fahrzeugimporten in die Schweiz und auf seinem
gewichtigen Anteil an Computer Associates.
Haefner[100]
hält an der weltweit viertgrössten Softwarefirma 21,7 Prozent.
Computer Associates
ist allerdings auch verantwortlich für heftige Schwankungen in
Haefners[90]
Portfolio, was mitunter jenen Personen, die seinen Reichtum schätzen müssen,
etwelche Schwierigkeiten bereitet. Noch Ende Neunzigerjahre waren die
Finanzanalysten von der Unternehmensleistung beeindruckt und posaunten mit
Kaufempfehlungen die CA-Aktie auf über 74 Dollar, was das Papier Ende 1999
knapp erreichte. Heute dümpelt die CA-Aktie seit bald einem Jahr zwischen 22
und 29 Dollar. Seinen Tiefststand erreichte das Papier Mitte 2002, wo der
Kurs an der 10-Dollar-Grenze schrammte. Zwischen diesen Extremen stand ein
veritabler Absturz, der zwar nicht zu vergleichen ist mit Fällen wie
Worldcom oder Tyco, doch ein Bilanzskandal liegt auch im Falle von CA vor.
Der Konzernchef blähte künstlich den Umsatz
auf
Charles Wang, dem
Gründer und ehemaligen Chef der Softwarefirma, war und ist
Haefner[100]
besonders loyal verbunden. Mit gutem Recht. Was auch immer der aus Schanghai
gebürtige Unternehmer anfasste, schien sich in Gold zu verwandeln. In den
letzten Jahren strahlte Wangs Topteam, angeführt von CEO Sanjay Kumar,
besonders hell. Heute weiss man, dass unter Kumar der Aktienpreis der CA
erbarmungslos mit allen möglichen Buchhaltungstricks in die Höhe getrieben
wurde. So erfanden Kumar und seine Mitarbeiter den «35-Tage-Monat». Und so
funktionierte Kumars Umsatzblase: Am 8. Juli 1999 flog der Konzernchef - wie
man heute weiss - mit dem Firmenjet nach Paris, um schnell einen auf den 30.
Juni rückdatierten Vertrag abzuschliessen. Dutzende Male verbesserte Kumar
auf diese Weise mit umdatierten Verkaufsabschlüssen das Geschäftsresultat.
Gemäss der US-Börsenaufsicht SEC wurden damit insgesamt 3,3 Milliarden
Dollar mehr Umsatz ausgewiesen, als tatsächlich erwirtschaftet worden war.
Den vermeintlichen
Erfolgen widerstanden auch die Verwaltungsräte nicht. Zu ihnen zählte der
ehemalige, auch hier zu Lande nicht völlig unbekannte Senator Alfonse
D'Amato, der ehemalige Chef der New Yorker Börse, Richard Grasso, aber auch
der heutige Vorsitzende Lewis Rainieri und der amtierende Interim-CEO
Kenneth Crohn. Sie gewährten Kumar und dessen Helfern absurde
Entschädigungspakete in Milliardenhöhe, was den Konzernchef mithin unter die
Bestbezahlten Amerikas brachte. Weil die Aktionäre geklagt hatten, willigte
das Trio ein, einen Teil davon zurückzubezahlen.
Institutionelle beklagen das irritierende
Schweigen
Haefner[100]
sekundierte all diese Entscheidungen und hielt dem Verwaltungsrat auch
weiterhin die Stange. Er reagierte nicht, als am 29. April 2001 die «New
York Times» die Trickkiste von Kumar aufdeckte, Monate später die
Börsenkommission und das Justizministerium zu ermitteln begannen und die
Aktie auf den Tiefststand von zehn Dollar absackte. Und
Haefner[100]
regte sich nicht auf (zumindest öffentlich), obschon die kostspieligen
Betrugsaffären und strafrechtliche Ermittlungen gegen Computer Associates
den Wert seines Aktienpaketes um mehr als die Hälfte reduziert hatten.
Der Schweizer
Grossaktionär, der noch nie gegen die Leitung der Computer Associates
Opposition machte, lässt auch jetzt über seine Pressesprecherin ausrichten:
«No comment. Herr
Haefner[100]
ist ein stiller Aktionär.» Auch die Frage, ob die Pensionskasse der Careal
Holding - wo die Autobeteiligungen gebündelt sind - in ihrem Portfolio CA-Aktien
hat, blieb unbeantwortet. Die institutionellen Anleger fragen sich indessen,
ob die vornehme Zurückhaltung von Walter
Haefner[100]
nicht ganz einfach eine antiquierte, blinde Loyalität zu einer höchst
fragwürdigen Unternehmensleitung ist.
Denn auch als der
texanische Raider Sam Wyly einen feindlichen Angriff auf das Unternehmen
startete, hielt der Schweizer Milliardär dem alten Management die Treue.
Jeder Versuch,
Haefner[100]
zum Handeln zu bewegen, scheiterte. «Dabei gehört es klar zur Verantwortung
des grössten Aktionärs, die harten Fragen zu stellen», fordert Cornish
Hitchcock vom Longview Fund der Amalgamated Bank, der erfolglos einen
Protest der Aktionäre zu organisieren versuchte. «Haefner[100]
hat den grössten Einfluss auf die Verwaltungsräte, und er kann sich Gehör
verschaffen.»
Auch der neue Konzernchef ist vorbelastet
Aber
Haefner[100]
blieb stumm und übernahm in zwei Kreditgeschäften mit Charles Wang über fünf
Millionen der riskanten CA-Aktien als Sicherheit. «Wenn ein Grossaktionär
wie
Haefner[100]
immer im Pakt mit den Manager-Insidern stimmt, haben wir institutionellen
Anleger keine Chance, Verbesserungen zu erzwingen», klagte eine Vertreterin
einer öffentlichen Pensionskasse.
Das US-Justizministerium
hat die Quittung für die blinde Investorenloyalität serviert. Sanjay Kumar
und sein Helfer werden angeklagt. Das Unternehmen Computer Associates selbst
wird strafrechtlich nicht belangt, solange es in einer 18-monatigen
Bewährungsfrist eine lange Liste von Bedingungen erfüllt. Dazu gehören eine
Wiedergutmachung an die Aktionäre über 225 Millionen Dollar und ein
gerichtlich bestellter Aufseher. Dieser soll über den VR und das Unternehmen
wachen. Eine bedingte Strafverfolgung wie im Falle von CA ist insofern
attraktiv, als dass der Verwaltungsrat eine zweite Chance erhält. Für
Anleger ist die Tatsache positiv, dass ihre Firma nicht durch ein
wertschädigendes Gerichtsverfahren geschleppt und das kriminelle Management
trotzdem bestraft wird. Auch
Haefner[100]
trägt einen finanziellen Schaden davon. Sein Anteil aus Verbindlichkeiten,
die CA aus Sammelklagen und einer Wiedergutmachung von 225 Millionen Dollar
erwachsen, dürfte sich auf 100 Millionen Dollar summieren.
Nachdem selbst das
amerikanische Justizministerium zum Schluss gekommen ist, dass die CA-Anleger
versagt haben, wartet man gespannt darauf, ob der Grossaktionär nun seine
Verantwortung als Miteigentümer von Computer Associates ernster nehmen wird.
Denn die Frage nach der Kompetenz der neuen Führungsriege stellt sich erneut:
Sowohl Verwaltungsratspräsident Lewis Rainieri als auch Interims-CEO Kenneth
Cron waren noch unter dem Regime von Wang und Kumar zur Firma gekommen. Auch
sie hatten sich gegen die strafrechtlichen Untersuchungen gesträubt und sind
damit mitverantwortlich für den grossen Imageverlust, den das Unternehmen
bei Investoren und Mitarbeitern erlitten hat.
Gilt
als Erfinder des «35-Tage-Monats»: Ex-CA-Konzernchef Sanjay Kumar.
Stiller Aktionär: Walter
Haefner[100]
bleibt bei seinem «no comment».
Imageschaden
Wenig erbauliche Zeiten für das New Yorker Software-Unternehmen.
An der Börse
widerspiegelt sich das Auf und Ab des Unternehmens.
2004
Umsatz in Mrd USD 3.27
Betriebsgewinn in Mio
USD 660
Reingewinn in Mio USD
25
Börsenwert in Mrd USD
15.9
Mitarbeiter 15 300
FotoS: Bob
Goldberg/feature Photo Service/Ap, HO/Reuters/RDB, Ed Betz/AP
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Formales |
Dok-ID: |
OI2004100702787 |
Ausgabenr.: |
41 |
Textlänge: |
7654 Zeichen |
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